Anfang Dezember durfte ich als Mitglied der 16-köpfigen o!ziellen Delegation des Europaparlaments an der 25. UN-Klimakonferenz (COP25) in Madrid teilnehmen. Es galt ehrgeizigere Maßnahmen für die Weltgemeinschaft auszuhandeln um die globale Erwärmung, wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, auf maximal 1,5° C zu begrenzen. Zur gleichen Zeit nahm die EUKommission ihren sogenannten „Green Deal“ an und stellte ihn am 11. Dezember dem Europaparlament vor. Dieser Green Deal sieht unter anderem vor, dass die EU ihre Emissionsreduktionsziele, die sogenannten NDCs, bis zur COP26 in Glasgow, nochmals nach oben anpassen wird.
Enttäuschendes Ergebnisder COP25
Am 3. Dezember schlug die Weltorganisation für Meteorologie Alarm, dass „die globale Durchschnittstemperatur im Jahr 2019 um 1,1 ° C über dem vorindustriellen Niveau lag und damit ein Jahrzehnt außergewöhnlicher globaler Hitze endete“. Nicht zuletzt vor diesem Hintergrund war der Ausgang dieser Klimakonferenz für mich enttäuschend, da es keine Einigung zwischen den Ländern darüber gab, wie mit dieser „Aufgabe, welche Generationen definieren wird“, umgegangen werden soll.
Bemerkenswert war einmal mehr der fehlende Konsens darüber, wie ein globaler CO 2 – Markt geschaffen werden kann. Die Gründe für die ernüchternden Resultate der COP25 sind vielfältig. Sicherlich könnte eine stärkere Einbeziehung der parlamentarischen Beobachter einen großen Beitrag dazu leisten, mehr gegenseitiges Verständnis und Vertrauen zwischen den Delegationen zu schaffen. Wir dürfen unsere Zukunft nicht alleine den Diplomaten und Schreibtischtätern überlassen. Ich hoffe, dass die Organisatoren der COP26 diesem Rat folgen werden.
Führen durch Vorbild in der Klimapolitik
Die EU verfügt über eine allgemein zufriedenstellende Klimabilanz und hat die Klimaziele von 2020 bereits übertroffen. Neuere Studien zeigen jedoch, dass unsere Anstrengungen immer noch unzureichend sind, wenn wir unseren Planeten vor dem Klimakollaps bewahren wollen. In Madrid haben wir als EU unsere Verpflichtung bekräftigt bis 2050 klimaneutral zu werden. Gleichzeitig haben wir versucht, unsere internationalen Partner davon zu überzeugen endlich konkrete Maßnahmen zu ergreifen, um ihre aktuellen Ziele überhaupt zu erreichen und über die Pariser Verpflichtungen hinauszugehen. Um diese ehrgeizigen Ziele zu erreichen, müssen wir Drittstaaten in die CO2 – Preisgestaltung einbeziehen und so die nachhaltige Produktion in deren Industriesektoren fördern.
Auch das Emissionshandelssystem (ETS) für den Luftverkehr muss verschärft werden, indem den Fluggesellschaften weniger kostenlose „Verschmutzungszertifikate“ zur Verfügung gestellt werden. Auch die Akzisen auf Kerosin müssen endlich Wirklichkeit werden. Die Emissionen im Flugverkehr sind schließlich allein in der EU in den letzten fünf Jahren um satte 26 Prozent angestiegen!
Elf Prozent aller vom Menschen verursachten globalen Treibhausgasemissionen sind auf die Abholzung unserer Wälder zurückzuführen. Dies ist vergleichbar mit den Emissionen aller Pkws und Lkws auf der Welt. Gleichzeitig sind unsere Wälder neben den Ozeanen und unseren Böden die wichtigsten Kohlenstoffspeicher und tragen durch die Aufnahme von Treibhausgasemissionen wesentlich zum Klimaschutz bei. Deshalb müssen wir entschlossen den Waldschutz, nachhaltige Waldnutzung und die Aufforstung weltweit in Angriff nehmen.
In Madrid wollten wir als EU jedoch nicht nur die Rolle des Oberlehrers einnehmen. Wenn wir unsere internationalen Partner einbeziehen wollen, müssen wir ihnen zeigen, dass Klimaschutz möglich ist, ohne dabei Arbeitsplätze zu zerstören. Der EU ist es gelungen, die CO 2 – Emissionen um 23 Prozent zu senken und im gleichen Zeitraum das Bruttosozialprodukt um 23 Prozent zu steigern. Ein Bericht der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) zeigt ebenfalls, dass eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft in Nord- und Südamerika drei Millionen, in Asien und dem Pazifikraum 14 Millionen sowie in Europa zwei Millionen netto Arbeitsplätze schaffen kann.
In unserer Stellungnahme im Vorfeld der COP25 hat das Europaparlament die Mitgliedsstaaten aufgefordert, ihre Beiträge zum von den Vereinten Nationen eingerichteten Grünen Klimafonds zu erhöhen, um die Entwicklungsländer bei Anpassungsmaßnahmen zu unterstützen. Luxemburg ist mit gutem Beispiel vorangegangen und hat die Verdoppelung seiner Beiträge an den Klimafonds angekündigt. Dieser soll mittelfristig mit 100 Milliarden Dollar jährlich gespeist werden.
Dieser Klimafonds ist von großer Bedeutung, denn wir dürfen nicht vergessen, dass wir Europäer (und Nordamerikaner) im letzten Jahrhundert am meisten Treibhausgase verursacht haben. Somit stehen wir in der moralischen Verantwortung, Ländern beim Ausbau nachhaltiger Produktionsverfahren zu unterstützen.
Ein prominentes Beispiel dafür, dass diese internationale Hilfe funktioniert, ist das Entwicklungsland Kenia, welches ab dem Jahr 2020 100 Prozent seines Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen decken wird.
Nutzung des Handels im Kampf gegen den Klimawandel
Während der COP25 konnte ich auch in meiner Funktion als Sprecher des internationalen Handels für die größte Fraktion im Europäischen Parlament Stellung beziehen. Viele Politiker, NGOs und Wissenschaftler haben ihre Hoffnungen im Klimaschutz nun auch auf die Handelspolitik gesetzt. Das bedeutet, dass unsere Handelsbeziehungen uns den Hebel und die Plattform geben, um unsere Partner an ihre freiwilligen Verpflichtungen zur Umsetzung des Pariser Abkommens zu binden. In diesem Sinn ist das Beharren der EU auf die Einhaltung des Pariser Klimaabkommens in ihren neuen Handelsabkommen mit Japan oder Vietnam begrüßenswert.
In meinen Augen muss zudem für Staaten wie Brasilien das Niveau der Klimaambitionen und konkreter Aktionen ein entscheidender Faktor werden, wenn das Europäische Parlament dem Handelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Ländern zustimmen soll. Der Handel an sich führt aber auch zum Austausch von Technologien, die helfen können nachhaltiger zu produzieren und zu leben. Wir können die positiven Auswirkungen des Handels weiter stimulieren, indem wir beispielsweise Zölle auf umweltfreundliche Waren senken und verbindlichere Herkunftsnachweise einführen, um den Verbraucher besser zu informieren.
Die EU, mit einem Anteil an den weltweiten Emissionen von nicht mehr als 9 Prozent, kann den Kampf gegen den Klimawandel nicht allein gewinnen. Die internationale Zusammenarbeit bleibt von zentraler Bedeutung, wobei eine kohärente Politik zur effektiven Reduzierung unserer Emissionen zwangsläufig den Kampf gegen die Verlagerung von CO2 – Emissionen beinhaltet. Wir können von den europäischen Unternehmen nicht verlangen, dass sie nachhaltig produzieren, während wir gleichzeitig weiterhin dieselben Waren mit einem hohen CO 2 – Ausstoß aus Drittländern importieren.
Die Handelspolitik wird also eine Schlüsselrolle spielen müssen, wenn wir in diesem Jahr verschiedene Optionen, wie z. B. den CO 2 – Anpassungsmechanismus an den Grenzen, zur Bekämpfung dieses Problems prüfen. Handelspolitik muss demnach eine wichtige Rolle bei der Bekämpfung des Klimawandels spielen, denn Handel und Umwelt sind nur ein scheinbarer Gegensatz. Eine e!ziente Reaktion auf den Klimawandel kann nur aus einer Mischung von verschiedenen politischen Ansätzen entstehen, die auf breiter Front kohärent abgestimmt ist.
Die EU darf nicht warten
In der Zwischenzeit darf sich die EU nicht auf ihren Lorbeeren ausruhen: Wir müssen weiterhin zeigen, dass ein nachhaltiger und integrativer Übergang möglich ist. Daher freue ich mich, dass die neue EU-Kommission nun startbereit ist, um diese Herausforderungen ohne Verzögerungen im neuen Jahr anzugehen. Um zu zeigen, dass die EU ihren Ansprüchen gerecht wird, hat die neue Kommission in einer außerordentlichen Plenartagung in Brüssel, zeitgleich zur COP25, ihren Green Deal vorgestellt – nur zwei Wochen nachdem das Europäische Parlament den Klimanotstand ausgerufen hat.
Ich begrüße dieses Gefühl der Dringlichkeit – nun lasst uns aber an die Arbeit gehen! Auch die luxemburgische Regierung muss noch einen Schritt weitergehen und im Rahmen des nationalen Klimaplanes konkretere und ambitioniertere Vorschläge vorlegen, damit die national festgelegten Beiträge nicht nur auf dem Papier gut aussehen, sondern auch mit den richtigen Maßnahmen erreicht werden können. Luxemburg gehört nämlich leider immer noch zu den EU-Staaten, in welchen der Treibhausgasausstoß weiter ansteigt.
* Dieser Artikel wurde am 4. Januar 2020 im Luxemburger Wort veröffentlicht.